Bunte Biomasse vor Ort erleben

Projekt zur Erhöhung des Ertragspotenzials von Wildpflanzen gestartet

In diesem Jahr ist ein neues Projekt rund um das Thema Energie aus Wildpflanzen gestartet. Das Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung von mehrjährigen Wildpflanzenmischungen, die einen höheren Ertrag liefern und gleichzeitig die Biodiversität in der Agrarlandschaft fördern und eine Verlagerung von Nährstoffen in das Grundwasser minimieren. Besonders vielversprechend ist der Einsatz einer im Vorläuferprojekt WaGBio gezüchteten, sehr produktiven Rainfarn-Linie zur Entwicklung neuer, mehrjähriger Mischungen zur Biomasseproduktion. Der Rainfarn ist einer der Hauptertragsbildner in den artenreichen Mischungen aus heimischen Wild- und Kulturpflanzen. Das Projekt läuft bis 2023 und wird von der Saaten Zeller GmbH durchgeführt und von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier

 

Niedersächsischer Weg durch Landtag beschlossen

Niedersächsischer Weg beschlossen! Mehrjährige Wildpflanzen Teil der Lösung?

Niedersächsischer Weg eint Parteien und Verbände

Der Niedersächsische Landtag hat am 3.11. mit breiter Mehrheit den Änderungen im Naturschutz-, Wasser und Waldrecht zugestimmt, die für die Umsetzung des Niedersächsischen Wegs nötig sind. Durch den mehrheitlich von der rot-schwarzen Landesregierung ausgearbeiteten Kompromiss zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft werden damit der Natur- und Artenschutz im Land deutlich gestärkt und gleichzeitig Landwirte entschädigt. NABU, BUND und UWG erklärten das von den Grünen unterstützte Volksbegehren zur Artenvielfalt anschließend für beendet.

„Aus Gegnern sind Partner geworden, Umweltschützer und Landwirte haben sich verständigt“, sagte Umweltminister Olaf Lies nach der Abstimmung. „Alle Partner haben zwar Zugeständnisse gemacht – aber es hat sich gelohnt!“

Agrarministerin Barbara Otte-Kinast sagte zuvor im Landtag: „Der Niedersächsische Weg bringt den Naturschutz mit den Einkommensinteressen unserer Landwirte unter einen Hut. So werden die Anforderungen der Gesellschaft nach mehr Naturschutz erfüllt, aber so sichern wir auch die Zukunftsfähigkeit unserer Landwirtschaftlichen Betriebe.“

Die verabschiedeten Gesetzesänderungen sollen bereits am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Laut offiziellen Quellen sollen für die Maßnahmen rund um den Niedersächsischen Weg rund 120 Mio € zur Verfügung gestellt werden.

Den gesamten Artikel aus der topagrar ONLINE finden Sie hier. 

Förderung von mehrjährigen Wildpflanzenmischungen zur Biomassenutzung?

Neben den Änderungen in den Fachgesetzen gibt es aber noch weitere Aspekte, die laut dem Vertrag zum Niedersächsischen Weg in den nächsten Monaten angegangen werden sollen. Die Förderung mehrjähriger Wildpflanzenbestände zur Biomasseproduktion ist dabei an mehreren der 15 Programmpunkte des Niedersächsischen Wegs (s. hier)  denkbar:

Punkt 12 etwa hat die Förderung der klimaschonenden Bewirtschaftung zum Ziel. Dabei „geht es um die bodenerhaltende Bewirtschaftung von Moorstandorten, die Förderung von Weidehaltung sowie den Humusaufbau und das Bodenleben fördernde Bewirtschaftungsmethoden.Im dazugehörigen Eckpunkteplan werden mehrjährige Wildpflanzenkulturen explizit erwähnt (Seite 6): „Der Anbau mehrjähriger Wildpflanzen als alternatives Inputsubstrat für Biogasanlagen leistet einen Beitrag zur bodenschonenden Bewirtschaftung und zur Biodiversität.“ Bei den Verhandlungen zur EU-Förderperiode will Niedersachsen laut dem Eckpunkteplan unter anderem einen Schwerpunkt auf den „Ausbau der Forschung zu klimaschonenden Bewirtschaftungsmaßnahmen und Einführung in die landwirtschaftliche Praxis, im Besonderen bezogen auf Agroforstsysteme und mehrjährige Wildpflanzen“ legen.

Des weiteren soll bis Ende 2020 das „Aktionsprogramm Insektenvielfalt Niedersachsen“ erstellt und veröffentlicht werden. Auch hier könnten die Wildpflanzen als ökologisches Multitalent punkten. Denn Sie schützen nicht nur Klima, Boden und Wasser, sondern erwiesenermaßen auch die Insektenvielfalt. Und auch im Rahmen der Strategie zur Reduktion der Nutzung chemischer Pflanzenschutzmittel (PSM) könnten die Wildpflanzen ein wichtiger Baustein sein, da bei der Bestandsführung auf chemische PSM in der Regel komplett verzichtet werden kann. Bis Mitte 2021 wird das Land Niedersachsen einen PSM-Reduktionsprogramm mit konkreten und verbindlichen Reduktionszielen erstellen.

Einen Überblick zum Niedersächsischen Weg und weiterführende Dokumente, wie die erwähnten Eckpunktepläne, finden Sie hier.

Bunte Biomasse erhält UN Dekade Auszeichnung durch Beate Jessel

Projekt „Bunte Biomasse“ erhält Auszeichnung der UN-Dekade Biologische Vielfalt

Anlässlich des Europäischen Tags der Bioenergie am 13. November wird das Projekt „Bunte Biomasse“ als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet. „Das Projekt ,Bunte Biomasse‘ verfolgt einen vorbildlichen Ansatz: Denn es fördert die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft, indem es Monokulturen wie Mais durch artenreiche, mehrjährige Wildpflanzenmischungen ersetzt“, sagt Prof. Dr. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), die die Auszeichnung auf digitalem Weg überreicht. „Das Projekt zeigt auch, dass Kooperationen zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Jagd im direkten Wortsinn äußerst fruchtbar sein können“, so Jessel weiter.

Seit Frühjahr 2019 setzen die Veolia Stiftung, der Deutsche Jagdverband und die Deutsche Wildtier Stiftung das Kooperationsprojekt „Bunte Biomasse“ um. Dazu werden Landwirte und Landwirtinnen und Biogasanlagenbetreibende gesucht, die bereit sind, einen Teil ihrer Maisanbaufläche durch mehrjährige Wildpflanzenkulturen zu ersetzen. Die Landwirte und Landwirtinnen erhalten über das Projekt und mit Hilfe weiterer Finanzierender einen Ausgleich für Deckungsbeitragsverluste und werden kostenlos beim Anbau der Bestände und der Ernte des Aufwuchses beraten. „Wer mitmacht, bekommt von uns ein Stück Biologische Vielfalt zum Nulltarif“, sagt Sylke Freudenthal, Vorstand der Veolia Stiftung.

Bereits mehr als 400 Hektar mehrjährige, ertragreiche Wildpflanzenmischungen zur Biomasseproduktion haben die Projektpartnerinnen und -partner unter Vertrag genommen. Die Bestände aus über 20 heimischen Wild- und Kulturpflanzenarten können bis zu fünf Jahre lang geerntet werden und bieten im Sommer wie Winter Insekten, Feldvögeln und Niederwild Lebensraum. Um das Pilotprojekt jedoch in den landwirtschaftlichen Mainstream zu überführen, ist die Politik gefragt: Da die Wildpflanzenbestände weniger Ertrag im Vergleich zu herkömmlichen Kulturen wie Mais liefern, braucht es eine Förderung – etwa über die geplanten Öko-Regelungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. „Die Auszeichnung als UN-Dekade-Projekt hilft uns, das Thema weiter in den Fokus der Öffentlichkeit und damit auch der Politik zu rücken“, freut sich Sylke Freudenthal.

Weitere Informationen auf www.BunteBiomasse.de 

WBGU fordert Anpassung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU

WBGU: Gemeinsame Agrarpolitik der EU muss sich ändern, um Artenvielfalt zu retten

Gemeinsame Agrarpolitik der EU – aktueller Stand und Forderung des WBGU

Am Dienstag, dem 03.11.2020, überreichte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) sein neues Gutachten „Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration“ an die Bundesministerinnen Svenja Schulze (Umwelt) und Anja Karliczek (Bildung und Forschung). Die Botschaft des rund 350 Seiten umfassenden Berichtes ist deutlich: Nur wenn sich unser Umgang mit Land grundlegend ändert, kann der dramatische, weltweite Verlust der biologischen Vielfalt abgewendet und der Klimaschutz gesichert werden.

Dabei spielt die Landwirtschaft eine entscheidende Rolle. In Deutschland wird auf rund der Hälfte der Landesfläche Landwirtschaft betrieben. Noch vor einigen Jahrzehnten war die Agrarlandschaft ein artenreicher Lebensraum, doch heute sind zahlreiche der typischen Arten der Feldflur, wie etwa Feldhamster, Rebhuhn und Co., vielerorts verschwunden. Die Gründe dafür sind zahlreich. Klar ist aber, dass die Veränderungen in der Agrarlandschaft ursächlich sind. Und an diesen Veränderungen ist die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union maßgeblich beteiligt. Aktuell wird über die GAP Förderperiode 2021-2027 verhandelt.  Vor rund zwei Wochen einigte sich der Agrarministerrat auf einen Kompromiss, Agrarministerin Klöckner sprach von einem „Systemwechsel“. Kritiker sehen einen solchen Durchbruch nicht, bedauern „Stillstand“. Im nächsten Schritt verhandeln nun der Agrarministerrat, das EU-Parlament und die EU-Kommission über die Zukunft der GAP. Dieser Prozess, der sogenannte „Trilog“, wird sich wahrscheinlich bis ins Frühjahr 2021 hinziehen.

Die klare Botschaft des WBGU: es bedarf einer umfassenden Ökologisierung der Agrarpolitik, um auch langfristig die Ernährungssicherheit, den Erhalt der Biodiversität und den Klimaschutz gewährleisten zu können. Damit steht der wissenschaftliche Beirat nicht allein, denn auch zahlreiche andere Expertinnen und Experten fordern eine Kehrtwende. Die Nationalen Empfehlungen der Leopoldina Akademie verorten den wichtigsten Ansatzpunkt bei den milliardenschweren Subventionszahlungen im Rahmen der GAP. Diese sollten zukünftig stärker an tatsächlich erbrachte und messbare Ökosystemleistungen, wie den Erhalt der Artenvielfalt, geknüpft werden.

Förderung für Biogas aus Wildpflanzen?

Fest steht, dass sich Einiges an der Architektur der GAP ändern wird. So werden in der kommenden Förderperiode sogenannte Eco Schemes (Öko-Regelungen) in der 1. Säule der GAP verankert werden. Mindestens 20 % der Direktzahlungen sollen dafür reserviert werden. Die Eco-Schemes sollen zu 100 % aus EU-Mitteln finanziert werden. Bei ihrer Ausgestaltung aber soll den Mitgliedsstaaten quasi freie Hand gelassen werden. Als neues Instrument sollen sie Landwirte dabei unterstützen, neue Praktiken zu entwickeln und ökologisch nachhaltiger zu wirtschaften. Falls, wie in dem aktualisierten Bericht „Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020 – Grüne Architektur“ vorgeschlagen, eine „grundsätzliche Möglichkeit, die Maßnahmen als Öko-Regelung auch mehrere Jahre auf derselben Fläche durchzuführen, um u. a. ihre Wirksamkeit zu steigern“ nachgekommen wird, wäre damit eine indirekte Förderung mehrjähriger Maßnahmen durchaus denkbar. Dann stünde prinzipiell auch der Förderung des Anbaus mehrjähriger Wildpflanzen zur Biomasseproduktion über die Öko-Regelungen nichts entgegen.

Eine andere Möglichkeit, das ökologisch wertvolle und innovative Anbausystem „Bunter Biomasse“ in die breite landwirtschaftliche Praxis zu heben, wäre eine Einbettung in die „erweiterte Konditionalität“. Diese erweiterte oder neue Konditionalität wird neben den bisherigen Cross-compliance Regelungen auch das Greening + enthalten. Um den Forderungen des WBGU und zahlreicher anderer Expertinnen und Experten gerecht zu werden und die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft zu stärken, wäre die Förderung ertragreicher, mehrjähriger Wildpflanzenmischungen ein effektives Werkzeug. Und nicht nur Insekten und Wildtiere würden davon profitieren, denn die über bis zu fünf Jahre stehenden Wildpflanzenbestände schützen auch Boden und Grundwasser und damit die Lebensgrundlage aller Lebewesen, auch der Menschen.

Das gesamte Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen gibt es hier.

Hier geht es zur Kurzfassung des Gutachtens.

Hier geht es zur offiziellen Presseerklärung. 

aktuelle und künftige Architektur der GAP der EU