Neue Studie: Beschreibung des botanischen Erscheinungsbildes von Wildpflanzenmischungen als Grundlage zur Beurteilung ökologischer Potentiale

Förderinstrumentarien des Erneuerbare-Energien-Gesetzes haben zu einer starken Zunahme der Maisanbaufläche, insbesondere in Gebieten mit einer hohen Dichte von Tiermastanlagen, geführt. Auch mit mehrjährig angebauten Wildpflanzenmischungen wird Biomasse zur Vergärung in Biogasanlagen erzeugt. So kann CO2-neutral Energie gewonnen werden, und gleichzeitig Biodiversität gesteigert, das Habitatangebot verbessert und die Resilienz der Landschaft erhöht werden.

Eine neu erschienene Forschungsarbeit im Journal für Kulturpflanzen von Sabine Paltrinieri beschreibt die botanische Situation auf den im „Projekt GrünSchatz“ kartierten Wildpflanzenflächen anhand drei kartierter Standjahre. Mit Hilfe von Zeigerwerten nach Landolt beschreibt Paltrinieri die entstehenden Standortbedingungen. Potentiale bieten diese Kulturen den Ergebnissen zufolge aufgrund ihrer hohen Wärme- und Trockenheits­toleranz, der Fähigkeit Bodenfeuchtkapazität zu halten sowie Stickstoff zu binden und Humus zu akkumulieren. Die Erhöhung der Artenvielfalt geht mit einem für landwirtschaftliche Kulturen ungewöhnlich hohem Blütenangebot einher.

Journal für Kulturpflanzen, 75 (03-04). S. 77–89, 2023 | DOI: 10.5073/JfK.2023.03.04.01 | Paltrinieri

Anbau mehrjähriger Wildpflanzenmischungen endlich im GAK-Rahmenplan

Der Planungsausschuss für Agrarstruktur und Küstenschutz (PLANAK) hat Anfang 2023 die Maßnahme „Förderung des Anbaus mehrjähriger Wildpflanzenmischungen“ in den GAK-Rahmenplan 2023-2026 aufgenommen. Damit wurde eine lange Forderung des Netzwerks Lebensraum Brache endlich erfüllt. Mit der Einführung im Förderbereich 4 „Markt- und standortangepasste sowie umweltgerechte Landbewirtschaftung einschließlich Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege“ kann künftig die Anlage und Pflege von mehrjährigen artenreichen Wildpflanzenflächen auf Ackerland in den Bundesländern unterstützt werden. Mit Niedersachen, NRW, Baden-Württemberg und Bayern haben die vier größten Bundesländer Deutschlands die Maßnahme bereits in ihren Katalog der Agrarumweltmaßnahmen aufgenommen. Die etablierten Pflanzenbestände sollen, so dass BMEL in seiner Pressemeldung vom 2. Februar, Feldvögeln, Nützlingen, Bienen oder anderen Wildtieren als Wirts-, Nahrungs- oder Schutzpflanzen dienen und damit zur Verbesserung der biologischen Vielfalt, insbesondere von Insekten und anderen Wildtieren, beitragen.

Kooperationsprojekt Bunte Biomasse zieht positive Jahresbilanz

Das Kooperationsprojekt Bunte Biomasse blickt zurück auf ein erfolgreiches Jahr 2022 – Seit Projektstart 2019 konnten mit mehr als 170 landwirtschaftlichen Betrieben der Anbau mehrjähriger, ertragreicher Wildpflanzenfelder zur Biomasseproduktion vereinbart werden.
„Auch wenn die Nachfrage im vergangenen Jahr wegen vieler Unsicherheiten im Agrarsektor nicht so groß wie in den Vorjahren war, werden mittlerweile mehr als 500 Hektar Bunte Biomasse in zehn Bundesländern angebaut,“ sagt Simon Hein, Projektkoordinator bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Die Landwirte erhalten aus Projektmitteln eine Honorierung von bisher 250 € pro Hektar und Jahr. Die Mittel dafür stellen neben der Veolia Stiftung vor allem sogenannte Kofinanzierer bereit. Neben Gebietskörperschaften und Förderstiftungen sind dies viele Landesjagd- oder Fachverbände. Insgesamt konnte das Projektteam mittlerweile Kofinanzierungsmittel in Höhe von fast 250.000 Euro einwerben.

Bunte Biomasse sind blüten- und ertragreiche Wildpflanzenmischungen, die Biomasse zur Energieproduktion bereitstellen und gleichzeitig Insekten und Feldvögeln Schutz und Nahrung bieten. Durch die ganzjährige Bewurzelung des Oberbodens bindet das Anbausystem große Mengen Stickstoff und trägt damit zum Grundwasserschutz bei. Zusätzlich wirkt die Dauerkultur durch den Aufbau von Wurzelbiomasse und Humus im Boden als eine echte CO2-Senke. Die Ernte der Flächen findet ab Mitte Juli statt und liefert in der Spitze bis zu 50 Tonnen Frischmasse pro Hektar. Der Methanertrag pro Hektar liegt durchschnittlich bei etwa 50 % im Vergleich zum Mais bei gleichzeitig deutlich geringeren Investitionskosten.

„Die überzeugenden Vorteile von Bunter Biomasse für die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft haben 2022 endlich auch die Politik erreicht“, freut sich Sylke Freudenthal, Vorstand der Veolia Stiftung. Mit Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen sowie Nordrhein-Westfalen werden ab 2023 die vier größten Flächenbundesländer den Anbau von Wildpflanzenkulturen zur Biomasseproduktion fördern. Die Teilnahme an der Maßnahme wird je nach Bundesland zukünftig mit 330 bis 900 € pro Hektar und Jahr honoriert „Damit hat unser Pilotprojekt den Mainstream erreicht,“ so Freudenthal.

Bis zum Projektende im Frühjahr 2024 wollen die Projektpartner vor allem in den mittleren und östlichen Bundesländern noch weitere Flächen unter Vertrag nehmen. Dafür suchen sie Landwirte, die bereit sind, einen kleinen Teil ihrer Bewirtschaftungsflächen für Anbau und Ernte von mehrjährigen Wildpflanzenmischungen zur Verfügung zu stellen. Die Bewirtschafter werden bei allen praktischen Schritten von erfahrenen Beratern kostenlos unterstützt.

Bunte Biomasse interessante Alternative zum Maisanbau

Betrieb in Grünbach zeigt beispielhaft, dass mit Bunter Biomasse biologische Vielfalt bei nur geringem Ertragsminus möglich ist.

„Es ist ganz einfach“, erklärt Markus Binding in der Merkur, der zusammen mit seiner Frau Odile in Grünbach im Landkreis Erding in Oberbayern eine zwei Hektar große Ackerfläche mit Bunter Biomasse ausgesät hat. „Bei dieser Aussaat, die idealerweise im August ausgebracht wird, handelt es sich um Samen von Stauden und Kräutern, die in der Natur gesammelt und vermehrt wurden.“ Bei dem Saatgut handelt es sich um eine sogenannte mehrjährige Energiepflanzenmischung. Sie kann ohne zu ackern auf dem Feld eingebracht werden, auf einem ehemaligen Mais-Acker auch direkt in die restlichen Stoppeln gesät werden.

Der Betrieb von Familie Binding ist einer von 170 Betrieben, die mitlerweile Bunte Biomasse als Alternative zum Mais anbauen. Bereits über 500 Hektar Fläche konnten im Gemeinschaftsprojekt der Veolia Stiftung, der Deutschen Wildtier Stiftung und dem Deutschen Jagdverband in blütenreiche Flächen verwandelt werden. Und das Modell macht Schule: Bereits drei Bundesländer – Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen – haben den Anbau von Energiepflanzenmischungen in die öffentliche Förderung ab 2023 aufgenommen.

„Schon nach wenigen Tagen sind erste Pflänzchen zu sehen, am Ende wird die Saat etwa so hoch wie Mais. Aber“, betont Markus Binding, „diese Gewächse haben den riesigen Vorteil, dass hier nicht nur Wildpflanzen zur Biogas-Gewinnung wachsen, sie bieten auch Blühangebot und Nistmöglichkeiten für Wildbienen und andere Insekten. Hier entsteht außerdem ein neuer Lebensraum für manche Vögel, Rebhühner oder sogar Feldhasen. Und es bringt weitere Vorteile für den Acker. Denn Wildpflanzen wurzeln nicht nur tiefer als Mais, sie sind auch trockenheitsresistenter und bauen Humus auf, ein gewichtiges Argument in heißen Sommern.“

Wer im August ausgesät hat, kann im Folgejahr dreschen, bekommt Biomasse als Substrat, kann dieses weiter zu Biogas verarbeiten. Hier greift nun auch der wirtschaftliche Aspekt des Verfahrens. Einen möglichen Minder-Ertrag im Vergleich zum Maisanbau bekommen die Landwirte über das Projekt Bunte Biomasse mit einer Pauschale ausgeglichen. Auch der Fachverband Biogas fördert das Proejkt Bunte Biomasse, denn das aus den Wildpflanzen gewonnene Substrat lässt sich laut Landwirt Binding „ohne Schäden an der Anlage verarbeiten.“

Eine Förderung der Bunten Biomasse läuft vorerst noch bis 2024.

Ein Jahr nach der Flut: Im Swisttal verwandelt Bunte Biomasse verschlammtes Ackerland in blühende Felder

Nach sintflutartigen Regenfällen trat der Swistbach am 14. Juli 2021 über seine Ufer. Mit Flut und Schlamm wurden Schadstoffe auf die wertvollen Ackerböden geschwemmt, sodass die betroffenen Landwirte entschieden haben, auf den Flutflächen die Produktion von Lebensmitteln bis auf Weiteres auszusetzen. Im Frühjahr 2022 wurden daher insgesamt 25 Hektar Bunte Biomasse entlang der Swist angelegt.

Aktionswoche Artenvielfalt - Wildpflanzen als Biogassubstrat schützen Bienen und Bauern

Veranstaltungstipp Baden-Württemberg: Wildpflanzenbiogas ab 2023 im FAKT II – Ökologiewende auf dem Energieacker?!

Ab dem Jahr 2023 wird der Anbau von Wildpflanzen in Baden-Württemberg in das Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz & Tierwohl (FAKT II) aufgenommen. Damit wird Biogaslandwirten eine ökologische und ökonomisch sinnvolle Alternative zum Maisanbau angeboten. Um zu zeigen, wie der Wildpflanzenanbau gelingt, lädt die AG Wildpflanzenbiogas zusammen mit dem Landschaftserhaltungsverband Ravensburg und der elobau Stiftung zu einem Wildpflanzenbiogas-Nachmittag am 29.07.2022 in Kisslegg ein.
Auf dem Programm stehen neben einer Feldbegehung eines Wildpflanzenfeldes in voller Blüte drei Impulsvorträge zum Wildpflanzenanbau und zur Förderkulisse der FAKT-Förderung.

Eine Anmeldung zu Veranstaltung sowie ein Info-Clip ist über ein eingerichtetes Onlineformular möglich.

Biogas und Artenvielfalt, das geht auch zusammen! – Aktionswoche Artenvielfalt 2022

Biogas und Artenvielfalt, das geht auch zusammen!
Viele Menschen denken bei Biogas zuerst an große Maisflächen, die die Landschaft bedecken. Die Maismonokulturen bieten keinen Raum für Artenvielfalt auf den Äckern. Ganz anders sieht es aus, wenn man mehrjährige heimische Wild- und Kulturpflanzenmischungen für die Biogaserzeugung anbaut.

Diese Bunte Biomasse lässt sich nicht nur gut in der Biogasanlage verwerten, sondern hilft auch unseren Insekten und Wildtieren und verwandelt die Agrarflächen in bunte Hotspots der Biodiversität. Um genau darauf aufmerksam zu machen, dass die Produktion von Biomasse zur Biogasproduktion auch Hand in Hand mit dem Erhalt der Artenvielfalt in der Feldflur gehen kann, hat der Fachverband Biogas die nunmehr dritte Aktionswoche Artenvielfalt ausgerufen.

 

Über eigene Veranstaltungen und die sozialen Medien können sich Menschen deutschlandweit einbringen (#BlühendesLeben): Gefragt sind hier persönliche Erfahrungen, Aktionen und Bilder zu alternativen Biogaskulturen sowie die Äußerung von Wünschen und Forderungen an die Politik.

Gemeinsam können wir so darauf hinweisen, dass das Spektrum an möglichen Energiepflanzen sehr groß ist – und dass viele dieser Pflanzen einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt und Biodiversität auf den Ackerflächen leisten.

Seit letztem Jahr mit dabei ist auch der dreifache Rodel-Olympiasieger Georg Hackl. Für den Biogas-Botschafter ist der Klima- und Umweltschutz eine Herzensangelegenheit: „Als Wintersportler merkt man ganz massiv die Auswirkungen des Klimawandels. Ich sehe in der Biogasnutzung eine große Chance, dem entgegenzuwirken – ganz besonders, wenn der Anbau der Energiepflanzen auch noch Artenvielfalt und Insektenschutz mit sich bringt.“ Für die Aktionswoche Artenvielfalt produzierte Hackl eine Mini Serie, die die Vorteile der Bunten Biomasse zeigt.

Weitere Informationen zur Aktionswoche Artenvielfalt finden sie hier und in den sozialen Medien unter dem Hashtag #BlühendesLeben

Wildpflanzenfläche in Lingen im frühen zweiten Standjahr (Foto: J.Högemann)

Mehrjährige Wildpflanzenmischungen – mit Vorsprung durch die erste Jahreshälfte

Mehrjährige Wildpflanzenmischungen, die zum Beispiel zur Biomasseproduktion angebaut wurden, bieten im Gegensatz zu einjährigen Mischungen bereits seit Wochen einen vielfältigen Blütenflor. Johann Högeman hat einige Impressionen der früh blühenden Flächen eingefangen.

Biogas kann Artenschutz

Ökologisch wertvolle Substrate müssen Teil zukünftiger Energieversorgung sein

Der massive Preisanstieg für Energie aus fossilen Quellen wird zum Taktgeber für die Energieversorgung der Zukunft. Davon betroffen ist auch die aktuelle Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Doch der vorliegende Entwurf, das sogenannte „Osterpaket“, vergibt nicht nur die Chancen heimischer Bioenergie für den Natur- und Artenschutz.

Joachim Wadsack Wildpflanzen

Das Netzwerk Lebensraum Feldflur trauert um Joachim Wadsack

Das Netzwerk Lebensraum Feldflur trauert um seinen Gründer Joachim Wadsack, der am 26. Februar verstorben ist.

Aus der Sorge um unsere Offenlandarten wie Rebhuhn und Feldhase heraus und gemeinsam mit Freunden des Internationalen Rates zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) initiierte Joachim Wadsack im Jahr 2003 das DBU-geförderte Projekt „Lebensraum Brache“. Durch dieses Projekt sollte die damals obligatorische Flächenstilllegung durch die Ansaat von mehrjährigen, blühenden Wild- und Kulturpflanzen für die Wildtiere unserer Feldflur aufgewertet werden. Die Tatsache, dass Blühflächen heute in allen Bundesländern eine selbstverständliche Agrarumweltmaßnahme sind, verdanken wir nicht zuletzt der Hartnäckigkeit, mit der Joachim als Projektleiter „seine“ Themen immer wieder in Politik, Wissenschaft und Praxis platziert hat.

Mit dem Wegfall der obligatorischen Flächenstilllegung im Jahr 2008 wandte sich das nun gegründete Netzwerk Lebensraum Feldflur dem Thema „Energie aus Wildpflanzen“ zu. Das Netzwerk ist seither ein Zusammenschluss aus Akteuren der Land- und Energiewirtschaft, der Jagd und des Naturschutzes, die gemeinsam den Anbau von ertragreichen, mehrjährigen Wildpflanzenmischungen für die Biomasseproduktion in der landwirtschaftlichen Praxis verankern wollen. Wir sind dankbar, dass Joachim den großen Erfolg dieser Initiative in Politik und Praxis noch miterleben durfte.

Joachim Wadsack war über viele Jahre unser Antreiber im besten Sinne des Wortes. Das Netzwerk Lebensraum Feldflur verliert mit ihm nicht nur einen unermüdlichen Streiter für die Lebensräume von Rebhuhn & Co., sondern auch einen klugen und vorausschauenden Netzwerker. Sein stets mit Selbstironie verbundener etwas widerspenstiger Geist, sein Humor und seine Energie werden uns fehlen.