Endlich: Politischer Rückenwind für „Energie aus Wildpflanzen“

Endlich: Politischer Rückenwind für „Energie aus Wildpflanzen“

In Deutschland wird auf rund einer Million Hektar Mais allein für die Verwertung in der Biogasanlage angebaut. Das Netzwerk Lebensraum Feldflur tritt seit vielen Jahren dafür ein, durch mehrjährige Wildpflanzenkulturen die Biomasseerzeugung enger mit den Zielen des Natur- und Artenschutzes zu verknüpfen. Doch um auf großer Fläche in der landwirtschaftlichen Praxis anzukommen, braucht es eine politische Förderung. Das fordert nun auch der CDU Bundesfachausschuss Umwelt und Landwirtschaft in seinem „Agrarprogramm 2021“: die Förderung „ökologisch wertvoller Pflanzen zur Biomasseproduktion“ etwa als Eco Scheme oder als Agrarumwelt- und Klimamaßnahme (AUKM) soll ermöglicht werden. Und Niedersachsen hat nun als erstes Bundesland beschlossen, dass die mehrjährigen Wildpflanzenkulturen für die Biomassenutzung bereits ab diesem Jahr gefördert werden sollen.

Zahlreiche Pilotprojekte widmen sich in Deutschland dem Anbau mehrjähriger, artenreicher Mischungen, deren Aufwuchs in der Biogasanlage verwertet wird. Denn die Wildpflanzenkulturen haben gegenüber herkömmlichen Biomassemonokulturen wie Mais zahlreiche ökologische Vorteile und können dabei helfen, dem Artenschwund in der Agrarlandschaft entgegen zu wirken. Aber Sie bieten nicht nur ganzjährig Lebensraum für Wildtiere und Insekten, sondern schützen den Boden auch vor Erosion, unterstützen den Humusaufbau und können große Mengen Stickstoff binden, was sie wiederum für den Gewässerschutz interessant macht. Gleichzeitig kommen die ökologisch wertvollen Kulturen aus bis zu 25 verschiedenen Wild- und Kulturpflanzen aber nicht an die Methanerträge von Mais heran. Daher werden die Landwirte in Pilotprojekten wie „Bunte Biomasse“ (www.BunteBiomasse.de) nicht nur beim Anbau beraten, sondern erhalten auch eine Ausgleichszahlung für das Erbringen von Gemeinwohlleistungen wie dem Erhalt der Artenvielfalt oder dem Boden- und Grundwasserschutz.

Mit den Vorschlägen im CDU-Agrarprogramm und der niedersächsischen Initiative zur Förderung des Anbausystems „Energie aus Wildpflanzen“ bewegt sich die Politik endlich in die richtige Richtung. Das Netzwerk Lebensraum Feldflur hatte erst vor wenigen Wochen einen konkreten Vorschlag zur Förderung der Wildpflanzen zum Beispiel als AUKM veröffentlicht. Nach Niedersachsen sollen nun nach Wunsch der Netzwerkpartner zahlreiche weitere Länder diesem Vorbild folgen.

Onlinetagung Mehrjährige Wildpflanzenkulturen Netzwerk Lebensraum Feldflur

Onlinetagung zu Wildpflanzenkulturen für die Biomasseproduktion – ein voller Erfolg

Am Mittwoch, dem 19.5.2021, veranstaltete das Netzwerk Lebensraum Feldflur eine Onlinetagung zum Thema „Mehrjährige Wildpflanzenkulturen für die Biomasseproduktion – Chancen und Herausforderungen“. Die artenreichen Wildpflanzenkulturen besitzen gegenüber herkömmlichen Biomassekulturen wie etwa Mais zahlreiche ökologische Vorteile (hier finden Sie eine Übersicht bisher erfolgter Begleituntersuchungen). Sie bieten Lebensraum und Nahrung für Insekten, Vögel und andere Wildtiere, schützen Boden und Grundwasser und erhöhen den Erholungswert einer Region. Gleichzeitig stehen sie wirtschaftlich in direkter Konkurrenz zu über jahrzehntelang optimierten Biomassekulturen wie Mais.

Dr. Moritz von Cossel, der seit vielen Jahren aus Leidenschaft zu den mehrjährigen Wildpflanzenkulturen forscht, berichtete aus seinem Erfahrungsschatz aus zehn Jahren Forschung mit Biogas-Wildpflanzenmischungen an der Universität Hohenheim. Christian Kemnade, der für die Deutsche Wildtier Stiftung das Gemeinschaftsvorhaben „Bunte Biomasse“ koordiniert, teilte in seinem Vortrag praktische Einblicke in das Pilotprojekt. Im Anschluss an die beiden Vorträge gab es zahlreiche Fragen und Anmerkungen aus dem Publikum. Mit rund 180 Teilnehmenden und einer regen Beteiligung war die Veranstaltung für die Organisatoren ein voller Erfolg.

Die beiden Vorträge der Tagung stehen hier zum Download zur Verfügung:

Präsentation von Dr. Moritz von Cossel: 10 Jahre Forschung mit Biogas Wildpflanzenmischungen

Präsentation von Christian Kemnade: Bunte Biomasse – Praktische Einblicke in das Pilotprojekt

Da die Wildpflanzenkulturen nicht an die Methanerträge herkömmlicher Biomassekulturen herankommen, benötigt das ökologisch hochwertige Anbausystem eine finanzielle Förderung, um in der landwirtschaftlichen Praxis ankommen zu können. Das Netzwerk Lebensraum Feldflur, das von der Deutschen Wildtier Stiftung und seinen Partnern koordiniert wird, hat einen Formulierungsvorschlag zur Aufnahme von mehrjährigen Wildpflanzenkulturen für die Biomasseproduktion, zum Beispiel in die Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum als Agrarumwelt- und Klimamaßnahme (AUKM), vorgelegt. Dieser Vorschlag wurde auch im Rahmen der gestrigen Veranstaltung vorgestellt. Durch seine Umsetzung könnten landwirtschaftliche Produktion und die Ziele des Arten- und Klimaschutzes auf ein und derselben Fläche effektiv verfolgt werden. Dabei sollen die Wildpflanzenkulturen nicht mit ungenutzten, mehrjährigen Blühflächen in Konkurrenz treten, deren ökologischer Nutzen naturgemäß noch größer ist. Durch den Nutzungsaspekt und die damit deutlich geringere notwendige Förderhöhe können die mehrjährigen Kulturen zur Biomasseproduktion jedoch auf deutlich größerer Fläche als vergleichbare Maßnahmen umgesetzt werden und einen Lebensraum für Wildtiere und Insekten bieten.

Bei Fragen oder Anmerkungen können Sie sich gerne per mail an C.Kemnade@DeWiSt.de wenden.