Aktionswoche Artenvielfalt - Wildpflanzen als Biogassubstrat schützen Bienen und Bauern

Wiefelstede blüht auf – mit Wildpflanzenmischungen zur Biomasseproduktion

Die Landesjägerschaft Niedersachsen macht mobil für mehr Artenvielfalt in der Agrarlandschaft. Durch den Anbau mehrjähriger Wildpflanzenmischungen zur Biogaserzeugung sollen Insekten, Rebhuhn und Co. wieder wertvollen Lebensraum erhalten. Um mit gutem Beispiel voran zu gehen, hat der Hegering Wiefelstede im letzten Jahr zwei Projektflächen in Mollberg und Heidkamperfeld von zusammen gut acht Hektar angelegt. In Niedersachsen sollen bis 2020 auf gut 150 Hektar solche Wildpflanzenmischungen blühen.

Die ökologischen Vorteile gegenüber herkömmlichen Energiekulturen wie Mais sind zahlreich, wie ein eigens von der Landesjägerschaft Niedersachsen ins Leben gerufene Projekt zeigt. Die mehrjährigen Wildpflanzenmischungen böten unzähligen Tieren Nahrung und Deckung – ob Insekten oder bedrohten Vögeln. Gerade vor dem Hintergrund des diskutierten „Insektensterbens“ sei das Blühangebot der artenreichen Wildpflanzenmischungen vom Frühjahr bis in den Herbst extrem wertvoll. Durch die Ansaat auf 5 Jahre entfiele außerdem die jährliche Bodenbearbeitung, sodass Feldhase oder Rebhuhn auch im Spätherbst und Winter auf diesen Flächen Deckung fänden. Daneben binden die mehrjährigen Wildpflanzenkulturen nach Angaben der Jäger auch deutlich mehr Stickstoff und damit Nitrat als Mais und schützen dadurch das Grundwasser.

Da die Wildpflanzenmischungen aber nicht die gleiche Methanausbeute wie Energiemais liefern, müsste die Politik den Landwirten mit einer Förderung die Ertragseinbußen ausgleichen. Um diese Fördermöglichkeiten auszuloten, trafen sich deshalb Vertreter der Jägerschaft, der Landwirtschaftskammer und Landwirte sowie die Vorsitzende der Bingo-Umweltstiftung, Sigrid Rakow, in Wiefelstede. Hier wurde ein Positionspapier erarbeitet, mit dem die Jägerschaft vor allem an die Politik auf allen Ebenen herantreten will.

Darin heißt es unter anderem: „Um weitere Flächenbewirtschafter und Landwirte für den Anbau mehrjähriger Wildpflanzen zu gewinnen, sind zusätzliche Anreize unerlässlich: Die Förderung von Saatgutkosten ist eine Möglichkeit, den Anbau (…) attraktiver zu gestalten. Weiterhin sollte in Zukunft, insbesondere bei der Fortschreibung der Gemeinsamen Agrarpolitik, darauf geachtet werden, die Förderfähigkeit des Anbaus von Wildpflanzen zur Energiegewinnung im Rahmen von Greening oder bei kommenden Alternativen umzusetzen.“ Nun liegt der Ball bei der Politik, um den Weg für eine ökologischere Biogaserzeugung zu ebnen.

Den vollständigen Artikel auf NWZonline.de finden Sie hier.

Biogas aus Blumen

Biogas aus Blumen

Allein in Baden-Württemberg stehen über 900 Anlagen zur Produktion von Biogas. Damit sie ausgelastet sind, müssen auf knapp 10 % der Landesfläche Energiepflanzen zur Biomasseproduktion angebaut werden und von ihnen allein fast 70.000 Hektar Mais. Wie die Produktion von Biogas ökologisch sinnvoller werden kann, zeigt das Projekt „Biodiversität für Biogasanlagen“ in Baden-Württemberg. 23 Landwirte säen dafür seit 2018 Saatgutmischungen aus Wildpflanzen an, um den Aufwuchs der Blühflächen anschließend in Biogasanlagen zu vergären. Dabei sind die Pflanzen nicht nur Biomasse zur Erzeugung von Biogas, sondern vor der Mahd auch Bienennahrung im Sommer und ihre Stängel im Winter auch Unterschlupf für Insekten. Allerdings haben die Wildpflanzen einen Nachteil gegenüber Mais: Sie bringen weniger Ertrag. Dennoch haben sie auch finanzielle Vorteile: Sie benötigen keine Pflanzenschutzmittel und weil die Pflanzen mehrjährig sind, wird nicht so oft Saatgut gebraucht, es muss weniger gedüngt werden, und die Wildpflanzen brauchen insgesamt weniger Arbeit.

Den vollständigen Artikel im „klimareporter“ finden Sie hier.

Vorträge zur Abschlussveranstaltung eines NABU-Projekts „Biodiversität für Biogasanlagen“ finden Sie hier.

Wildpflanzen und Landschaftsästhetik

Forscher der Uni Münster und des Thünen Institutes Braunschweig haben untersucht, ob Wildpflanzenkulturen als alternatives Substrat zum Mais einen ästhetischen Gewinn für das Landschaftsbild darstellen. Die Untersuchungsergebnisse sind eindeutig. Demnach führt der Biomasseanbau mit Wildpflanzen zu einer strukturreicheren Landschaft und

  • wird als attraktiver wahrgenommen,
  • findet Zustimmung nicht nur bei den Landwirten sondern auch bei Akteuren aus dem Gastronomiegewerbe, für die das Landschaftsbild ein touristisches Potenzial darstellt und
  • wird von der Mehrheit der Befragten im Vergleich mit Maiskulturen als sowohl in ästhetischer als auch ökologischer Hinsicht überlegen eingestuft.

Interessant: Landschaften mit vereinzelten Maisfeldern wurden bei den durchgeführten Befragungen nicht schlechter bewertet als Landschaften ohne Mais, dagegen sind die Bewertungen für von Mais dominierte Landschaften signifikant schlechter. Immerhin ist Mais mittlerweile neben Winterweizen die am häufigsten bei uns angebaute Kultur.

Den vollständigen Artikel im Journal „Biomass an Bioenergy“ finden Sie hier:

Huth, E.; Paltrinieri, S. & Thiele, J. (2019): Bioenergy and its effects on landscape aesthetics – A survey contrasting conventional and wild crop biomass production. Biomass and Bioenergy, Volume 122,: 313-321.

Bienenstrom der Stadtwerke Nürtingen

Bienenstrom soll bundesweit als Franchise-Modell ausgedehnt werden

Als Bienenstrom auf den Markt kam, steckte dahinter bereits eine völlig neue Idee: den Verbrauchern ein Ökostrom-Produkt anzubieten, das besonders bienen- und insektenfreundlich ist. Mit einem Teil des Strompreises werden insektenfreundliche Blühflächen gefördert. Nun wollen die Stadtwerke Nürtingen gemeinsam mit ihren Partnern ihren Bienenstrom auch anderen Stadtwerken und Regionalversorgern zur Verfügung stellen – als Franchise-Modell.

Die Strategie für diese bundesweite Öffnung wurde von den Stadtwerken Nürtingen und ihrem Kooperationspartner Biosphärengebiet Schwäbische Alp zusammen mit dem Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund und dem Fachverband Biogas e.V. entwickelt. Gesucht werden Energieversorgungsunternehmen, die als „Franchisenehmer (FN)“ das BienenstromGeschäftsmodell regional nutzen wollen. Der FN verkauft Bienenstrom rechtlich selbständig und zahlt an die Stadtwerke Nürtingen GmbH als „Franchisegeber (FG)“ Gebühren für die Verwendung der Marke, einheitlicher Logos und Marketing. Der FG gibt für Kundenanfragen mit einem Jahresbedarf von weniger als 10.000 kWh den Verkaufspreis vor und informiert den FN über geplante Preisänderungen, insbesondere des zu Grunde liegenden Energiepreises. Für Gewerbe- und Industriekunden (> 10.000 kWh/a) kann der FN den Energiepreis bzw. den Verkaufspreis selbst bestimmen, die Höhe des Blühhilfebeitrags beträgt auch hier 1 ct/kWh. Der FN kann selbstständig Verträge bis zu einer Jahresabsatzmenge von 100.000 kWh abschließen. Alternativ kann der FN entweder selbst die Finanzierung von landwirtschaftlichen Flächen in seiner Region aus den eingenommenen Blühhilfebeiträgen durchführen oder den FG mit der Abwicklung des Blühhilfebeitrags gegenüber den Landwirten beauftragen. Der FG gibt Mindestanforderungen für den durch den FN zu verkaufenden Strom vor und entwickelt diese in Zusammenarbeit mit dem FN weiter. Hierzu werden der FN und die Stadtwerke Nürtingen GmbH eine entsprechende Kooperationsvereinbarung unterzeichnen. Die Stadtwerke Nürtingen GmbH erhält als Franchisegeber einen Anteil aus den Einnahmen des FN.

Bienenstrom als Modell der Zukunft

Seit 2018 bieten die Stadtwerke Nürtingen bundesweit ihr Stromprodukt „Bienenstrom“ an. Bisher 200 Kunden zahlen pro Kilowattstunde einen Aufschlag von einem Cent, damit auf der Schwäbischen Alb auf bisher insgesamt 19 Hektar statt wie früher Mais nun mehrjährige Wildpflanzen angebaut werden. Da der Energieertrag von Wildpflanzen je Hektar bei der Verarbeitung in der Biogasanlage geringer ist als der von Mais, bekommen die Landwirte als Ausgleich für die Umstellung einen festgelegten Betrag von den Stadtwerkern Nürtingen. Ende Januar fand nun am Rande der Großen Celler Imkertagen eine Tagung statt, bei der über die Weiterentwicklung und Verbreitung des Produktes „Bienenstrom“ beraten wurde.

Einen Bericht in der Celleschen Zeitung finden Sie hier.

http://www.cellesche-zeitung.de/Thema/Celle-blueht-auf/Bluehende-Energiepflanzen-Bienenstrom-als-Modell-der-Zukunft

Einen Bericht in der Neuen Westfälischen finden Sie hier.

https://www.nw.de/nachrichten/wirtschaft/22361549_Bienenstrom-gegen-das-Insektensterben.html