Online Beitrag auf Merkur.de: Erste Ernte für Bunte Biomasse in Grünbach/Eitting

Mit dem Projekt „Bunte Biomasse“ soll Mais durch ertragreiche, mehrjährige Wildpflanzen-Mischungen zur Biomasseproduktion ersetzt werden.
Auch der Familienbetrieb Binding in Grünbach hat mitgemacht. Jetzt war die erste Ernte – begleitet von der Merkur Zeitung.

Grünbach/Eitting – Die biologische Vielfalt hat auf landwirtschaftlichen Flächen auch im Landkreis Erding nach Meinung von Umwelt- und Klimaforschern dramatisch abgenommen. Daher setzen sich seit Frühjahr 2019 die Veolia-Stiftung, der Deutsche Jagdverband und die Deutsche Wildtier Stiftung für ein Modell zum Schutz der Biodiversität in Agrarlandschaften ein. Mit dem Projekt „Bunte Biomasse“ soll Mais durch ertragreiche, mehrjährige Wildpflanzen-Mischungen zur Biomasseproduktion ersetzt werden. Auch der Familienbetrieb Binding in Grünbach hat mitgemacht. 2022 war Aussaat, und jetzt stand die erste Ernte auf dem Programm.

Doch um was geht’s genau? „Dieses Projekt soll einen Beitrag dazu leisten, den Anbau von pflanzlicher Biomasse als Substrat für Biogasanlagen enger an Natur- und Artenschutz zu koppeln. Hierzu wurden in ganz Deutschland Landwirte und Betreiber von Biogasanlagen gesucht, die bereit sind, einen Teil ihrer Mais-Anbaufläche durch mehrjährige Wildpflanzenkulturen zu ersetzen“, erklärt Odile Binding.

Dafür erhalten die Landwirte über das Projekt und mit Hilfe regionaler Unterstützer einen Ausgleich für etwaige Verluste beim Deckungsbeitrag: Mit bis zu 250 Euro pro Hektar Fläche und Jahr wurde diese Leistung einmalig honoriert, der Vertrag im Projekt läuft insgesamt drei Jahre. Zudem wurden sie beraten zur Sommer-Ansaat mehrjähriger Arten, zur Pflege und Düngung sowie zur Nutzung des späteren Aufwuchses. „Der Vorteil dieses Bewuchses gegenüber Mais liegt unter anderem darin, dass diese Flächen Bodenbrütern im Frühjahr Nistmöglichkeiten bieten. Außerdem verbessert das vielfältige Angebot an Blüten die Nahrungsressourcen für Bienen und Schmetterlinge, davon wiederum profitieren Vögel und Fledermausarten“, so die Landwirtin. „Damit gelingt uns eine Artenschutz fördernde Produktion, die allen nützt: der Natur, den Landwirten und der Gesellschaft.“

Vor kurzem nun wurde geerntet: Johannes Zollner, der bei Eitting eine Biogasanlage sowie größere Gewächshäuser betreibt, holte in Grünbach in drei Fuhren insgesamt rund 25 Tonnen Frischmasse von Bindings Feld ab. „In unserer Anlage wird diese Masse mit Mais, Getreide-Silage, Sonnenblumen und Gras vermischt. Daraus entsteht im Gärungsprozess Gas, etwa drei Megawatt an Leistung. Davon“, so Zollner, „nutzen wir etwa 75 Prozent als Wärme zur Trocknung von Körnermais, aber auch in unseren Gewächshäusern. Die restlichen 25 Prozent fließen als Strom ins Netz“.

Zollner hält das Projekt für eine gute Sache, auch wenn er schätzt, dass der Ertrag aus der Ernte der Bunten Biomasse etwa nur ein Viertel von Mais ausmachen dürfte. Er würde es beispielsweise befürworten, dass Landwirte die vier Prozent stillgelegte Fläche, die im Rahmen des europäischen Green Deals vorgesehen sind, für den Anbau Bunter Biomasse nutzen könnten. Wie viele Nachahmer das Projekt finden wird, muss sich noch zeigen.

Bunte Biomasse in zehn Bundesländern etabliert – Projekt sucht noch Anbaulandwirte in Hessen und Schleswig-Holstein

Für die Energiewende in Deutschland spielt auch Biogas eine wichtige Rolle. Es entsteht bei der Vergärung von Biomasse, die vor allem auf landwirtschaftlichen Flächen produziert wird. Während sich die Getreideernte für die Produktion von Lebensmitteln und Tierfutter in manchen Regionen Deutschlands in diesem Jahr lange verzögert hat, liegt das Substrat von ertragreichen Wildpflanzenkulturen zur Biomasseproduktion längst im Silo oder im Fermenter. Denn geerntet werden die Kulturen im Hochsommer unmittelbar vor der Hauptblüte. Dann hat das Erntesubstrat das höchste Methanpotential. Solange die Kulturen nicht klatschnass sind, spielt der Feuchtegehalt für die Ernte keine Rolle.

„Auch in diesem Jahr konnten manche Landwirte wieder über 45 Tonnen Frischmasse des Wildpflanzensubstrats je Hektar erzielen“, sagt Simon Hein, der für die Deutsche Wildtier Stiftung das Kooperationsprojekt Bunte Biomasse koordiniert. Bis zum Eintritt der Vegetationsruhe im Herbst wachsen die echten Stauden nun bereits wieder auf und bilden über den Winter einen Rückzugsraum für zahlreiche Tierarten. Gleichzeitig schützen sie die Flächen vor Erosion durch Wind und Wasser. Das Pilotprojekt Bunte Biomasse der Veolia Stiftung, des Deutschen Jagdverbands sowie der Deutschen Wildtier Stiftung fördert noch bis Ende 2024 den Anbau mehrjähriger, ertragreicher Wildpflanzenmischungen zur Biogasgewinnung. Mittlerweile wurde in zehn Bundesländern auf deutlich über 500 Hektar Bunte Biomasse etabliert. Noch größer ist der politische Erfolg der Initiative: Mit Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg gibt es in den vier größten Flächenländern und damit auf über 50 Prozent der Bundesfläche öffentliche Förderprogramme für den Anbau von Wildpflanzenkulturen.

„Mit ‚Bunte Biomasse‘ haben wir deutschlandweit einen echten Mehrwert für die Artenvielfalt und den Ressourcenschutz in unseren Feldfluren geschaffen“, freut sich Sylke Freudenthal, Vorstand der Veolia Stiftung. „Durch den Eingang in die öffentlichen Förderprogramme hat das Anbausystem außerdem den Weg vom Modellprojekt in den Mainstream geschafft“. In einigen Bundesländern ist der Anbau von Wildpflanzenkulturen zur Biomasseproduktion aber bisher kaum bekannt und es gibt nur wenige Demonstrationsflächen. Dort suchen die Projektverantwortlichen noch gezielt nach landwirtschaftlichen Betrieben für den Anbau.

„Vor allem in Schleswig-Holstein, Hessen und in den östlichen Bundesländern suchen wir noch nach Landwirten, die bereit sind, mehrjährige, ertragreiche Wildpflanzenkulturen für die Biomasseproduktion zu etablieren und mindestens drei Jahre zu nutzen,“ sagt Marie Sange vom Deutschen Jagdverband. Die Landwirte bekommen aus Projektmitteln einen Ausgleich für ihre Deckungsbeitragsverluste und werden kostenlos bei der Kulturführung der Wildpflanzenbestände beraten.

Kooperationsprojekt Bunte Biomasse zieht positive Jahresbilanz

Das Kooperationsprojekt Bunte Biomasse blickt zurück auf ein erfolgreiches Jahr 2022 – Seit Projektstart 2019 konnten mit mehr als 170 landwirtschaftlichen Betrieben der Anbau mehrjähriger, ertragreicher Wildpflanzenfelder zur Biomasseproduktion vereinbart werden.
„Auch wenn die Nachfrage im vergangenen Jahr wegen vieler Unsicherheiten im Agrarsektor nicht so groß wie in den Vorjahren war, werden mittlerweile mehr als 500 Hektar Bunte Biomasse in zehn Bundesländern angebaut,“ sagt Simon Hein, Projektkoordinator bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Die Landwirte erhalten aus Projektmitteln eine Honorierung von bisher 250 € pro Hektar und Jahr. Die Mittel dafür stellen neben der Veolia Stiftung vor allem sogenannte Kofinanzierer bereit. Neben Gebietskörperschaften und Förderstiftungen sind dies viele Landesjagd- oder Fachverbände. Insgesamt konnte das Projektteam mittlerweile Kofinanzierungsmittel in Höhe von fast 250.000 Euro einwerben.

Bunte Biomasse sind blüten- und ertragreiche Wildpflanzenmischungen, die Biomasse zur Energieproduktion bereitstellen und gleichzeitig Insekten und Feldvögeln Schutz und Nahrung bieten. Durch die ganzjährige Bewurzelung des Oberbodens bindet das Anbausystem große Mengen Stickstoff und trägt damit zum Grundwasserschutz bei. Zusätzlich wirkt die Dauerkultur durch den Aufbau von Wurzelbiomasse und Humus im Boden als eine echte CO2-Senke. Die Ernte der Flächen findet ab Mitte Juli statt und liefert in der Spitze bis zu 50 Tonnen Frischmasse pro Hektar. Der Methanertrag pro Hektar liegt durchschnittlich bei etwa 50 % im Vergleich zum Mais bei gleichzeitig deutlich geringeren Investitionskosten.

„Die überzeugenden Vorteile von Bunter Biomasse für die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft haben 2022 endlich auch die Politik erreicht“, freut sich Sylke Freudenthal, Vorstand der Veolia Stiftung. Mit Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen sowie Nordrhein-Westfalen werden ab 2023 die vier größten Flächenbundesländer den Anbau von Wildpflanzenkulturen zur Biomasseproduktion fördern. Die Teilnahme an der Maßnahme wird je nach Bundesland zukünftig mit 330 bis 900 € pro Hektar und Jahr honoriert „Damit hat unser Pilotprojekt den Mainstream erreicht,“ so Freudenthal.

Bis zum Projektende im Frühjahr 2024 wollen die Projektpartner vor allem in den mittleren und östlichen Bundesländern noch weitere Flächen unter Vertrag nehmen. Dafür suchen sie Landwirte, die bereit sind, einen kleinen Teil ihrer Bewirtschaftungsflächen für Anbau und Ernte von mehrjährigen Wildpflanzenmischungen zur Verfügung zu stellen. Die Bewirtschafter werden bei allen praktischen Schritten von erfahrenen Beratern kostenlos unterstützt.

Bunte Biomasse interessante Alternative zum Maisanbau

Betrieb in Grünbach zeigt beispielhaft, dass mit Bunter Biomasse biologische Vielfalt bei nur geringem Ertragsminus möglich ist.

„Es ist ganz einfach“, erklärt Markus Binding in der Merkur, der zusammen mit seiner Frau Odile in Grünbach im Landkreis Erding in Oberbayern eine zwei Hektar große Ackerfläche mit Bunter Biomasse ausgesät hat. „Bei dieser Aussaat, die idealerweise im August ausgebracht wird, handelt es sich um Samen von Stauden und Kräutern, die in der Natur gesammelt und vermehrt wurden.“ Bei dem Saatgut handelt es sich um eine sogenannte mehrjährige Energiepflanzenmischung. Sie kann ohne zu ackern auf dem Feld eingebracht werden, auf einem ehemaligen Mais-Acker auch direkt in die restlichen Stoppeln gesät werden.

Der Betrieb von Familie Binding ist einer von 170 Betrieben, die mitlerweile Bunte Biomasse als Alternative zum Mais anbauen. Bereits über 500 Hektar Fläche konnten im Gemeinschaftsprojekt der Veolia Stiftung, der Deutschen Wildtier Stiftung und dem Deutschen Jagdverband in blütenreiche Flächen verwandelt werden. Und das Modell macht Schule: Bereits drei Bundesländer – Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen – haben den Anbau von Energiepflanzenmischungen in die öffentliche Förderung ab 2023 aufgenommen.

„Schon nach wenigen Tagen sind erste Pflänzchen zu sehen, am Ende wird die Saat etwa so hoch wie Mais. Aber“, betont Markus Binding, „diese Gewächse haben den riesigen Vorteil, dass hier nicht nur Wildpflanzen zur Biogas-Gewinnung wachsen, sie bieten auch Blühangebot und Nistmöglichkeiten für Wildbienen und andere Insekten. Hier entsteht außerdem ein neuer Lebensraum für manche Vögel, Rebhühner oder sogar Feldhasen. Und es bringt weitere Vorteile für den Acker. Denn Wildpflanzen wurzeln nicht nur tiefer als Mais, sie sind auch trockenheitsresistenter und bauen Humus auf, ein gewichtiges Argument in heißen Sommern.“

Wer im August ausgesät hat, kann im Folgejahr dreschen, bekommt Biomasse als Substrat, kann dieses weiter zu Biogas verarbeiten. Hier greift nun auch der wirtschaftliche Aspekt des Verfahrens. Einen möglichen Minder-Ertrag im Vergleich zum Maisanbau bekommen die Landwirte über das Projekt Bunte Biomasse mit einer Pauschale ausgeglichen. Auch der Fachverband Biogas fördert das Proejkt Bunte Biomasse, denn das aus den Wildpflanzen gewonnene Substrat lässt sich laut Landwirt Binding „ohne Schäden an der Anlage verarbeiten.“

Eine Förderung der Bunten Biomasse läuft vorerst noch bis 2024.

Aktionswoche Artenvielfalt - Wildpflanzen als Biogassubstrat schützen Bienen und Bauern

Wildpflanzenerträge verbessern – BMEL fördert Züchtungsprojekt

Die Firma Saaten Zeller, Partner im Netzwerk Lebensraum Feldflur, will mit einem neuen Projekt den Ertrag heimischer Wildpflanzenarten zur Biomasseproduktion züchterisch verbessern. Leguminosen sollen die Mischungen ergänzen und den Bedarf zur Stickstoffdüngung verringern. Ziel ist es, die Wirtschaftlichkeit der Wildpflanzenmischungen als Biogassubstrat zu verbessern. Das jetzt begonnene Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) gefördert.

Die Firma Saaten Zeller produziert und vermarktet bereits seit vielen Jahren Wildpflanzen-Saatgut an Landwirtschaft und Naturschutz. Seit 2008 werden Wildpflanzenmischungen als alternative Energiepflanzen für Biogasanlagen getestet. Deren ökologischen Vorteile gegenüber dem Mais sind bereits klar belegt: Die Dauerkulturen sind eine hervorragende Bienen- und Insektenweide, benötigen weniger Pflanzenschutzmittel und verringern durch die langfristige Bodenbedeckung Erosion und Stickstoffeinträge ins Grundwasser. Außerdem erfolgt die Ernte außerhalb der Brut- und Setzzeiten vieler Wildtiere und im Winter bietet der Aufwuchs den Arten der Offenlandschaft wie Feldhase und Rebhuhn wichtige Deckung und Nahrung. Während die ökologischen Vorteile klar belegt wurden, ist die ökonomische Seite noch verbesserungsfähig. Vorteile wie die geringeren Anbaukosten oder eine bessere Eignung für Ungunststandorte können diese Mindererträge nur teilweise ausgleichen.

In dem Projekt sollen die ertragreichsten Wildarten aus den Mischungen erstmals züchterisch bearbeitet werden. Als besonders vielversprechend erwiesen sich bislang Rainfarn und Beifuß, deren Erträge auch bei begrenztem oder unregelmäßigem Wasserangebot stabil blieben. Weitere Züchtungskandidaten sind Wegwarte, Goldrute, Eibisch und Alant. Neben diesen Wildarten wollen die Züchter außerdem einige Leguminosen wie Steinklee und Geißraute mit einbeziehen. Leguminosen fixieren in Symbiose mit bestimmten Bodenbakterien Luftstickstoff. Diese Eigenschaft könnte die Mischungen unabhängiger von Stickstoff-Düngern machen – ihr ohnehin geringer Düngebedarf fiele nochmals niedriger aus. Die Forscher wollen die Eignung der genannten Leguminosen für den Mischanbau mit den Wildarten überprüfen und sie auch züchterisch auf hohe Erträge hin optimieren. Das Arbeitsprogramm des Projektes umfasst u.a. die Sammlung von Wildpflanzen-Populationen und deren Kreuzungen, die Selektion, Saatgutproduktion und -vermehrung sowie eine technische Saatgutveredelung durch Pillierung. Die erwarteten Ertragssteigerungen bei den Wildarten sind hoch.

Zu einer detaillierten Projektbeschreibung gelangen Sie hier.

Die vollständige Pressemitteilung der FNR finden Sie hier.

 

Pionier im Kreis Coesfeld

(Allgemeine Zeitung vom 10.08.2016) Die Blütenfülle ist so üppig, als wenn der in diesem Jahr etwas durchwachsene Sommer noch mal alles geben will. Franz Josef Schulze Thier lässt den Blick über seinen Acker schweifen, auf dem keine Feldfrüchte reifen, sondern Wildblumen – blaue Wegwarte, rote Lichtnelke, gelber Alant und viele andere. Der „Hingucker“ für Naturfreunde aus der Nachbarschaft war die bunte Pracht in den letzten Wochen. Doch die Wildblumen sind nicht nur eine Augenweide oder Lebensraum für Insekten und Agrarvögel, sondern sollen als Alternative zu Mais in einer Biogas-Anlage verwertet werden. „Auch wilde Pflanzen geben Gas“, berichtet der Landwirt.

Angefangen hat für Schulze Thier alles mit dem Netzwerk Lebensraum Feldflur, dem mittlerweile zahlreiche Landesjagdverbände und Jagd-Organisationen, Energieversorger von E.ON bis Naturstrom sowie Kommunen und Saatguthersteller angehören. „Mir war sofort klar: Da mache ich mit!“ erinnert sich der passionierte Waidmann. Denn mit dem Einsatz von Wild- als Energiepflanzen auf dem Acker können aus seiner Sicht gleich zwei Ziele erreicht werden: Heimische Wildtiere finden auf den Flächen Nahrung und Deckung. Gleichzeitig fallen sie – wie bei den bislang geförderten Blühstreifen und Lerchenfenstern – nicht ganz aus der landwirtschaftlichen Nutzung heraus, sondern können anstelle von Mais „Gas geben“. Wie wirtschaftlich das ist, wird nun seit 2015 bei dem Regionale-Projekt „GrünSchatz“ auch wissenschaftlich erforscht. Als einziger Landwirt im Kreis Coesfeld macht Schulze Thier mit.

Den vollständigen Artikel in der AllgemeinenZeitung finden Sie hier.

 

Im Märzen der Bauer …

Wildpflanzen zur Biogasgewinnung erleichtern Jungwild das Überleben

„Im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt.“ Dieser März zeigt sich nicht nur den Bauern von seiner allerbesten Seite: Die Temperaturen sind fast sommerlich und an den immer länger werdenden Abenden riecht es bereits nach Frühling. Die ersten Zugvögel sind schon seit Wochen aus ihren Winterquartieren zurück, die Igel erwachen aus ihrem Winterschlaf und die ersten Junghasen sind geboren. Doch so schön der März auch ist: Für das Jungwild sind die kommenden Wochen die gefährlichsten des ganzen Jahres.

„Gerade jetzt im Frühling sind Jungtiere und Gelege in der kahlen Landschaft ein leichtes Opfer für Beutegreifer und Nesträuber“, sagt Joachim Wadsack vom Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) und Partner im Netzwerk Lebensraum Feldflur. „Vielen Bodenbrütern und jungen Feldhasen fehlt es an Deckung zum Schutz vor ihren Feinden“ erklärt Wadsack. Das Netzwerk Lebensraum Feldflur fordert daher einen vermehrten Anbau von heimischen Wildpflanzen zur Biogasgewinnung. Denn im Gegensatz zu Mais kann man Wildpflanzenmischungen mehrere Jahre nutzen und sie müssen nicht in jedem Frühjahr neu angesät werden. Nach der sommerlichen Ernte wachsen Wildpflanzen bis zum Winter etwa kniehoch. Der Aufwuchs bietet im darauffolgenden Frühjahr ausreichend Nahrung und Deckung und damit optimale Bedingungen für die Aufzucht von Jungtieren in der ansonsten kahlen Frühlingslandschaft.

„Er setz seine Felder und Wiesen instand. Er pflüget den Boden, er egget und sät, und rührt seine Hände frühmorgens und spät.“

Und die mehrjährigen Wildpflanzenmischungen haben noch einen weiteren Vorteil: Da im Märzen der Bauer seine Wildpflanzenmischungen höchstens einmal düngen muss, fallen ihm keine jungen Feldhasen mehr zum Opfer. Im Gegensatz dazu werden viele junge Hasen beim Pflügen, grubbern oder einsäen von Maisflächen von den landwirtschaftlichen Maschinen zerquetscht. Und nicht zuletzt bedeuten mehrjährige Wildpflanzenmischungen für den Bauern auch einen geringeren Zeit- und Betriebsmitteleinsatz.   

Hase auf Wildpflanzenacker zur Biomasseproduktion

Netzwerk Lebensraum Feldflur fordert Politik zum Handeln auf

Auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Messe „Jagd & Hund“ in Dortmund hat das Netzwerk Lebensraum Feldflur die Förderung von alternativen Energiepflanzen zum Stopp des Artenrückgangs in der Agrarlandschaft gefordert. Vom 04. bis zum 09. Februar 2014 präsentiert das Netzwerk zusammen mit seinem Partner, dem Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen, die Sonderschau „Energie aus Wildpflanzen“ auf der Messe (Halle 3b, Stand D42).

„Die Niederwildbesätze befinden sich seit einigen Jahren auf einer rasanten Talfahrt“, sagt Ralph Müller-Schallenberg, Präsident des LJV Nordrhein-Westfalen. „Einer der Gründe könnte der intensive Anbau von Energiepflanzen wie Mais sein“, so Müller-Schallenberg weiter. Eine wildtierfreundliche Alternative zum Mais sind ertragreiche Wildpflanzen. Um Wildpflanzenmischungen als Ergänzung zu konventionellen Energiepflanzen in der landwirtschaftlichen Praxis zu etablieren, müssen sie durch die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU attraktiv gestaltet werden. „Wir fordern, dass Wildpflanzenmischungen im Rahmen des Greenings anerkannt und deren Aufwuchs genutzt werden darf“, sagt Dr. Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung. Darüber hinaus müssen die Länder attraktive Agrarumweltprogramme für den Anbau von Wildpflanzen anbieten. Auch bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetztes (EEG) müssen Wildpflanzen berücksichtigt werden. „Das Netzwerk Lebensraum Feldflur fordert, dass der Anbau von ökologisch wertvollerem Substrat zur Bioenergiegewinnung mit einer höheren Einspeisevergütung berücksichtigt wird“, ergänzt Kinser. Joachim Wadsack vom Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) betont: „Wildpflanzenmischungen sind ein wertvoller Beitrag für die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft.“ Die mehrjährigen Mischungen bieten im Sommer wie im Winter sowohl Nahrung als auch Deckung für Wildtiere. „Durch den späten Erntezeitpunkt wird außerdem die Gefahr von Mähverlusten bei Bodenbrütern und Jungtieren verringert“, erläutert Wadsack weiter.

Ein Positionspapier des Netzwerkes Lebensraum Feldflur mit Vorschlägen für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen im Rahmen der GAP nach 2014 finden Sie hier.